Haushaltsentwurf 2022/23 sieht vor, die Gebühren für den Pakt für den Nachmittag noch weiter zu erhöhen
Die Gebühren, die Eltern für den Pakt für den Nachmittag zahlen müssen, sollen noch weiter erhöht werden. Das geht aus dem Entwurf für einen Haushalts des Landkreises Darmstadt-Dieburg für die Jahre 2022/23 hervor, der Anfang April 2022 den Kreistagsfraktionen zur Beratung vorgelegt wurde.
Teil dieses 776 Seiten starken Konvoluts ist auch eine Liste sogenannter “Konsolidierungsmaßnahmen” ganz am Ende des Entwurfs. In dieser Liste findet sich auf S. 774 unter laufender Nummer 4 die “Erhöhung der Elternbeiträge im “Pakt für den Nachmittag” auf 80 Euro bzw. 150 Euro in 2021 und 2022. Im zugehörigen Erläuterungstext auf S. 775 findet sich folgende Erläuterung: “Erste Erhöhung zum 01.08.2022 auf 80 €, dann sukzessive auf 90 € bzw. 100 €.”
Diese Kommentierung widerspricht den bislang unwidersprochenen öffentlich bekannten Informationen zum Pakt für den Nachmittag, nach denen der Landkreis seine jährlichen Zuschüsse von bisher 350 Euro pro Kind um 12*20 Euro = 240 Euro pro Kind auf fortan 110 Euro/Kind/jahr reduziert hat.
Würden die in der Kommentierung benannten zusätzlichen Erhöhungen tatsächlich realisiert, so würde der Kreis nicht nur seinen Beitrag pro Kind auf Null reduzieren, sondern sogar im ersten Schritt 10 Euro mehr einnehmen als ausgeben, und im zweiten Schritt sogar 130 Euro pro Kind “verdienen”. (Denn 12*10 = 120 Euro: 110 Euro – 120 Euro = -10 Euro, bzw. 110 Euro – 240 Euro = -130 Euro)
Es kommt hinzu, dass in der laufenden Nummer 2 andere “Zuwendungen für das Projekt Betreuungsangebote an Grunddschulen” in Höhe von 42.000 Euro abgeplant wird.
In der laufenden Nr. 3 findet sich außerdem der Verzicht des Landkreises auf die Teilnahme am Modellprojekt “Ganztag 14:30+”, für das zuvor ein Volumen von 246.780 Euro vorgesehen war. Hintergrund ist, dass mit diesen Modellprojekten an zwei Grundschulen, der Hans-Quick-Schule in Bickenbach und der Gersprenschule in Reinheim der Übergang in die “Ganztagsregelschule 14:30 Uhr+” erprobt werden sollte, die ab dem Jahr 2026 durch das Land Hessen flächendeckend eingeführt werden wird.
Die Fraktion FW/UWG im Kreistag Darmstadt-Dieburg bedauert diese Vorschläge der Verwaltung, die offenbar von der Kreiskoalition unterstützt werden. Sie macht deutlich, dass die unbeholfenen Bemühungen der Kreisverwaltung, auch nur kleinste Schritte hin zu einer Konsolidierung des Haushaltes zu gehen, undurchdacht, nicht tragfähig, nicht zu Ende gerechnet, unausgewogen und unsozial sind.
Die in der Grundschulbetreuung vorgesehenen bzw. schon teilweise vorgenommenen Einsparungen treffen vor allem Familien mit mehreren schulpflichtigen Kindern und Familien mit eher niedrigen Einkommen. Gleichzeitig entstehen für Familien, die im Hartz-IV- oder Sozialgeld-Bezug sind, zusätzliche Kosten an anderer Stelle des Kreishaushaltes. Insbesondere sozial benachteiligte Familien werden nun eher davon abgehalten, ihre Kinder in die Nachmittagsbetreuung zu geben. Es sind also oft gerade jene Kinder betroffen, die eine intensive Betreuung benötigen. Das gilt in gleichem Maße für den Verzicht auf die Teilnahme am Modellprojekt “Ganztag 14:30+”, die die beiden Schulen mit einem hohen Anteil von Kindern mit erhöhtem Betreuungsbedarf gut hätten gebrauchen können. Die Entscheidung der Verwaltung und der Koalition nimmt diesen Kindern einen Teil ihrer Zukunft.
Die Fraktion FW/UWG hatte für die Sitzung des Kreistages am 04.04.2022 den Antrag gestellt, die Anhebung zu verschieben und gemeinsame Wege zu suchen, wie diesen Kindern und Familien geholfen werden kann. Dieser Antrag wurde leider mit den Stimmen der Koalition und der FDP abgelehnt.
Das Herangehen von Koalition und FDP mit dem “Pakt für den Nachmittag” lässt außerdem deutlich werden, dass es in der Kreisverwaltung ganz offenbar an einem zentralen Projektmanagement und Projektcontrolling fehlt. Wichtigstes Argument zur Erhöhung der Elternbeiträge war nämlich, dass man zwar stolz sei, wie erfolgreich das alles gelaufen sei und dass man das eigentlich auch so geplant habe, dass man aber dennoch nicht damit gerechnet habe, dass dann so viele Schulen und so viele Kinder mitmachen würden. Damit seien die Kosten davon gelaufen, was jetzt korriigiert werden müsse. . Außerdem habe man vergessen, die Elternbeiträge zu dynamisieren, was jetzt nachgeholt werde. Offenbar hat man also mit 2/3 der teilnehmenden Kinder nicht gerechnet.
Es ist schon bezeichnend, wenn sich die Verantwotrlichen des Landkreises zu so schweren und letztlich dilettantischen Planungsfehlern bekennen. Diese können nur dann geschehen, wenn es offenbar auf höchster Ebene keine Stelle gibt, die solche Fehlentwicklungen erkennt und verhindert. Deshalb haben wir als FW/UWG beantragt, eine solche Stabsstelle beim Landrat einzurichten bzw. zu aktivieren, damit solche schweren Planungsfehler künftig nicht wieder passieren können.
Die Gebühren für den Pakt für den Nachmittag wurden von der Kreiskoalition jeweils um 20 Euro pro Kind, das ains in Modul 1 um ein Drittel von 60 Euro auf 80 Euro und in Modul 2 um mehr als 15% von 130 Euro auf 150 Euro angehoben. Dagegen regt sich Widerstand aus der Elternschaft, eine Petition hat mehr als 2.300 Unterschriften aus Darmstadt-Dieburg erhalten. Die GEW hat die Proteste der Elternschaft jetzt unterstützt.
Pressemitteilung der FW/UWG an das Darmstädter Echo vom Do. 19.05.21